Ein nachdenklich machendes Theaterstück, welches nur zu gut zum aktuellen Zeitgeschehen passt, brachte die Schul-Theatergruppe der Angela-Fraundorfer-Realschule unter der Leitung von Mignon Dobler auf die Bühne. Ein Drama über die Zootiere im KZ Buchenwald, die sich entscheiden müssen, ob sie angesichts der Geschehnisse auf der anderen Seite des Zauns wegschauen oder Zivilcourage zeigen.
Zynismus pur im Jahr 1938: Direkt neben dem Zaun des Konzentrationslagers Buchenwald wurde ein Zoo für die SS-Angehörigen und ihre Familien errichtet. Den Affen, Bären usw. fehlte es an nichts, während auf der anderen Seite des Zauns die KZ-Insassen um ihr Leben bangen mussten.
Mignon Dobler, Theaterleiterin der AFR Aiterhofen, hatte sich gut überlegt, wie sie das Theaterstück von Jens Raschke, welches die historische Tatsache aufgreift, mit ihrer Truppe darstellen wollte. Stimmige Licht- und Musikeffekte (am Mischpult Manuel Köhl und Florian Holzapfel sowie Tim Lehne, Klavier, und Marius Sachse, Geige) erzeugten Gänsehaut. Auf explizite Bilder wurde verzichtet, die Tiere kommentierten aus ihrer Sicht das Vorgehen „auf der anderen Seite des Zauns“. Dennoch lief den Besuchern in der vollbesetzen Turnhalle ein Schauer über den Rücken bei dem, was die Zootiere so lapidar beschreiben: dünne zweibeinige „Zebras“, komisch riechender Rauch aus dem hohen Kamin, mächtige Gestiefelte. Dennoch scheint in der Welt der Zootiere insofern alles in Ordnung, als sie genug Futter bekommen und ihnen niemand etwas tut, solange sie sich an die Regeln halten. Doch schon das nur scheinbar naive Murmeltiermädchen (überzeugend dargestellt von Hannah Wittenzellner) stellte kritische Fragen. Flora Mareck und Leni Wittenzellner verkörperten als Mama und Papa Pavian gekonnt die „regimetreuen Mitläufer“ und führten den Zuschauern deutlich vor Augen, was passierte, wenn man zu viele Fragen stellte – das Nashorn lag eines Tages tot im Zoo. Also verschließen die Zootiere ihre Augen vor den schrecklichen Ereignissen auf der anderen Seite des Zauns – bis ein neuer Bär kommt, der das, was für die anderen Zootiere schon Normalität ist, zu hinterfragen beginnt. Als Zuschauer musste man sich die Frage stellen: Bär oder Pavian? Schon werden sowohl die anderen Zootiere als auch die Gestiefelten nervös. Abdulmajid Alabdualla, Leyla Sali und Konrad Haase als NS-Angehörige spielen ihre Macht aus. Gestreifte auf der anderen Seite des Zauns sterben, Herr Mufflon (Alesia Damian) bekommt Panik und bald steht fest: Der Bär muss schweigen. Der Bär (Selina Weiß) hingegen erkennt, dass er – trotz der drohenden Konsequenzen – handeln muss. Alles andere wäre mit seinem Gewissen nicht vereinbar. Dass ein 16-jähriges Mädchen so viele Emotionen in ihren Ausdruck legen kann, war sehr beeindruckend. Mit Augen voll Trauer der Erkenntnis bricht der Bär aus und begibt sich auf die andere Seite des Zaunes, um am Kamin hochzuklettern. Stille. Mit der Befreiung des KZs durch „große Vögel“ endet das Stück. Doch wie geht es heute in vielen Teilen der Welt Menschen, die für Menschenrechte eintreten und ihre Meinung sagen? Warum dieses Stück als Schultheater? „Weil es nötig ist, gerade jetzt“, schloss Mignon Dobler. Wieder Stille. Dann tosender Applaus für die engagiert spielende Theatergruppe.